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Ob wir zufrieden sind, hängt vom Mond ab?


Hängt es vom Mond ab, ob wir zufrieden sind? Vielleicht ja, zumindest das Wort «Laune» kommt direkt vom Mond

VIDEO: Mondphasen Erklärung – Die verschiedenen Mondphasen einfach erklärt / Mondphase Erklärvideo
Mac Paverick

Bald zeigt sich der Mond in aller Pracht, dann versteckt er sich wieder. Das läuft zwar immer schön regelmässig ab. Aber den Ruf der Unstetheit hat es dem Erdtrabanten doch eingetragen.

Nicht immer ist er so schön ganz zu sehen wie hier. Das hat ihn zum sprichwörtlichen Exempel der Unstetheit gemacht. (Bild: Imago)

Nicht immer ist er so schön ganz zu sehen wie hier. Das hat ihn zum sprichwörtlichen Exempel der Unstetheit gemacht. (Bild: Imago)

Mit seinem Umlauf in 29½ Tagen hat der Mond uns die schöne Zwölfzahl der Monate beschert – die übrigen 11¼ Tage im Jahr haben Kalendergeschichte geschrieben –, und in den 24 Stunden, den 60 Minuten und Sekunden und den 360 Grad im Kreis hat diese runde Zwölf sich bis heute gegen die Zehnzahl unserer zweimal fünf Finger behauptet. Aber zugleich ist der Mond mit seinem steten Wechsel von Vollmond, Halbmond und Neumond seit alters doch auch wieder zum sprichwörtlichen Exempel der Unstetheit in dem sonst so ewiggleich kreisenden Himmelsspektakel geworden.

Eine Göttin ist erzürnt

In seinem «Ikaromenippos», einer ersten Mond-, ja Raumfahrtutopie aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., lässt der Satiriker Lukian die Mondgöttin sich in heller Empörung darüber und über die ganze zeitgenössische Philosophenzunft beklagen. Da trägt sie dem Mondfahrer Menippos, als der auf seinem Flug zum Olymp mit einem Geierflügel am linken, einem Adlerflügel am rechten Arm kurz bei ihr zwischenlandet, diese Botschaft an den Göttervater auf: «Ich verliere alle Geduld, mich länger von den Philosophen so misshandeln zu lassen. Man dächte, sie hätten nichts anderes zu tun, als sich um meine Sachen zu bekümmern und zu fragen, wer ich sei und wie gross, lang und breit ich sei und warum ich zu gewissen Zeiten wie ein halber Teller aussähe oder Hörner bekäme. Die einen sagen, ich würde bewohnt, andere, ich hinge wie ein Spiegel über das Meer herab. Kurz: Jeder sagt von mir, was ihm einfällt. Ja, was das Schlimmste ist: Sie bringen sogar unter die Leute, mein Licht sei nicht echt und ich stähle es der Sonne! Als ob es an den Beschimpfungen nicht schon genug wäre, die sie der Sonne selbst angetan haben, da sie behaupten, dass sie ein Stein und eine durchgeglühte Masse sei . . .»

Bei den Griechen hiess die Mondgöttin Selene, die «Glänzende», bei den Römern Luna, die «Leuchtende», und ein alter Römer mag aus dem Namen noch ein lateinisches «lucere», stammverwandt mit unserem «leuchten», herausgehört haben. Im hohen Mittelalter ist der Mondwechsel in einem der «Lieder von Benediktbeuern» zum Bild des Glückswechsels geworden, und jüngst hat Carl Orff just diese lateinischen Verse zum Auftakt seiner «Carmina Burana» und damit zu geflügelten Versen gemacht: «O Fortuna, / velut Luna / statu variabilis, / semper crescis / aut decrescis . . .», «O Fortuna, so wie Luna in deinem Stand veränderlich, immer wächst du oder schwindest . . .»

Weg von hier, so weit wie möglich

Wie der mittelalterliche Dichter der Mondgöttin einen Reim, so hat um die gleiche Zeit unsere Sprache dieser Luna ein Wort abgewonnen: die mittelhochdeutsche lune, die zunächst noch den Mondwechsel, dann einen Umschlag des Glücks oder einen Umschwung der Stimmung bezeichnete. Seither haben nun auch wir Irdischen unsere vielerlei mit oder jedenfalls unter dem Mond wechselnden «Launen», Voll-, Halb- oder Neu-«Monde»; seither sprechen wir von wohl- oder übel-«gelaunten», -«gemondeten» Menschen, von «launischen», ihren jeweiligen besseren und schlechteren Launen nachgebenden Typen und seit neuerem auch von einer «launigen», sozusagen ein fröhliches Mondgesicht spiegelnden Tischrede.

Unterdessen hat die Mondgöttin jenem frühen Besucher mit ihrer Klage über den lästerlichen Anaxagoras und seinesgleichen weiter in den Ohren gelegen: «. . . so dass ich – bei der alten Nacht! – schon oft auf den Gedanken gekommen bin, so weit als möglich von hier wegzuziehen, um nur ihren naseweisen Zudringlichkeiten zu entgehen . . .» Die Mondlandung von 1969 dürfte ihre üble Laune nicht verbessert haben. Lunas «Laune»? Wie wäre es um die bestellt, wenn die Göttin erst noch hörte, dass ihr Name – der sie doch eben als die «Leuchtende» rühmt! – um jener stetig-unstet wechselnden Lichtverhältnisse willen zur Bezeichnung unserer kommenden und gehenden menschlichen Launen herhalten muss?

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Author: Debbie Tate

Last Updated: 1703709122

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