Kopf des Tages Ethelred II., „der Unberatene“
Er befahl, „sämtliche in England lebenden Wikinger umzubringen“
Um 1000 n. Chr. beherrschten Dänen weite Teile Englands. Um ihre Plünderungen zu stoppen, veranstaltete König Ethelred II. im November 1002 ein Blutbad. Das hatte fatale Folgen. Denn die Schwester des dänischen Königs war unter den Opfern.
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Um das Jahr 1000 n. Chr. war England wesentlich kleiner als heute. Im Süden und Westen existierten eine Reihe von Herrschaftsgebilden, die sich Königreiche nannten und von denen Wessex das größte war. Der Norden und Osten dagegen war das Danelag. Hier galt dänisches Recht, und viele seiner Bewohner stammten aus dem heutigen Dänemark. Zeitweise hatten diese Wikinger auch weite Teile von Wessex überrannt, waren aber um 886 von Alfred dem Großen zurückgedrängt worden. Hundert Jahre später nahmen die Angriffe aus Übersee jedoch wieder zu.
In diesen unruhigen Zeiten kam in England Ethelred II. (966/969–1016) auf den Thron. Der Beiname „der Unberatene“, den ihm nachgeborene Chronisten gegeben haben, trifft es nur zum Teil. Denn als er seine Rechte als Erbe seines Vaters Edgar geltend machen konnte, war er gerade einmal zehn Jahre alt, und seine Interessen wurden von Ratgebern und Parteigängern wahrgenommen, allen voran seine Mutter Elfrida. Die setzte es sich zum Ziel, Eduard, Edgars Sohn aus erster Ehe auszuschalten, und wirkte dabei tatkräftig mit. Bei einem Besuch ihres Stiefsohns soll sie diesen „mit einem Dolch erstochen haben, als sie ihm einen Becher zu trinken anbot“, berichtet der Chronist Henry von Huntington.
Damit fiel die Krone an Ethelred. Dass er „unberaten“ oder „unfertig“ blieb, hing mit einer Katastrophe zusammen, die sich kurz nach seiner Thronbesteigung ereignete. Die Versammlungshalle in seiner Residenz stürzte ein und begrub zahlreiche erfahrene Mitglieder des Witan (Ratsversammlung) unter ihren Trümmern. Als kurz darauf wieder einmal ein Heer der Wikinger an den Küsten auftauchte, musste der junge König allein mit diesem Problem fertig werden.
So zumindest stellten es die Chronisten dar. Wahrscheinlich war Ethelred nicht ganz unschuldig an der schwierigen Lage, in die sein Königreich abglitt. Denn in Dänemark war mit Svend Gabelbart ein Herrscher an die Macht gekommen, der zunächst alle Rivalen im Land ausschaltete und die dänische Herrschaft auch über Norwegen festigte. Anschließend machte er sich an die Wiederherstellung des Danelag.
Wiederholt landeten große Flotten an der englischen Ostküste. Ethelred wusste sich keinen anderen Rat, als die Invasoren mit enormen Geldzahlungen abzufinden. Allein 992 mussten 22.000 Pfund Silber für das „Danegeld“ aufgebracht werden, zwei Jahre später waren es 16.000.
Um seine Finanzkraft zu vergrößern, versuchte Ethelred, die Dotationen und Rechte einzuschränken, die seine Vorgänger Kirche und Klöstern gewährt hatten. Doch auch daran scheiterte er. Um seinen außenpolitischen Spielraum zu vergrößern, heiratete er 1002 mit Emma eine Prinzessin aus der Normandie zur Frau. Doch trog die Hoffnung, die dort sesshaft gewordenen Normannen würden ihn gegen die Dänen unterstützen. Stattdessen musste er sich den Frieden mit diesen erneut mit Silber erkaufen; von mehr als 20.000 Pfund ist die Rede.
In dieser Situation setzte der „Unberatene“ auf einen undurchdachten Befreiungsschlag. Er befahl, „sämtliche in England lebenden Dänen am Sankt-Briticus-Tag umzubringen, da er – wie es heißt – erfahren hatte, dass sie sich verschworen hatten, ihn und seine Ratgeber zu töten und sein Reich in den Besitz zu bringen“. Unter den Opfern des Blutbades war auch eine Frau namens Gunnhild. Sie hatte in Oxford mit anderen Zuflucht in einer Kirche gesucht, die vom Mob einfach niedergebrannt worden war. Gunnhild war jedoch keine unbedeutende Bauersfrau, sondern die Schwester des dänischen Königs Svend Gabelbart und lebte als Unterpfand eines Vertrages als Geisel in England.
Der rüstete umgehend eine Flotte aus und überzog Wessex mit Krieg. Zwischen 1003 und 1007 wurden 36.000 Pfund und 1009 und 1012 noch einmal 48.000 Pfund aus dem verwüsteten Land gepresst. 1013 erklärte sich Gabelbart zum König von England. Ethelred konnte von Glück sagen, dass er zusammen mit Emma bei deren Verwandten in der Normandie ins Exil gehen konnte.
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Als Gabelbart im Jahr darauf starb, verweigerten die englischen Großen seinem Sohn Knut jedoch die Gefolgschaft. Mit norwegischer Unterstützung konnte Ethelred zurückkehren, wurde aber bereits 1015 von Knut zurückgedrängt und in London eingeschlossen. Dort starb er. Knut wurde nicht nur auf dem Thron, sondern auch im Bett sein Nachfolger, denn er heiratete Emma. Als „der Große“ ist Knut in die Geschichte eingegangen, weil er seine Herrschaft über England, Dänemark, Norwegen und das südliche Schweden erstreckte.
Eine Maßnahme Ethelreds sollte sich indes als höchst geschichtswirksam erweisen. Mit Ethelreds Ehe mit Emma begründete der Normanne Wilhelm 1066 seinen Anspruch auf den englischen Thron, den er mit dem Sieg bei Hastings über Harald II. auch gewann.
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Author: Phillip Parker
Last Updated: 1703543403
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